Zurück

Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung (Agenda 2030) und ihre 17 Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals – SDGs) weisen den Weg in eine zukunftsfähige Welt im Einklang mit der Natur, in Wohlstand, Frieden und Partnerschaft. Als Land mit einer langen humanitären Tradition und einer international stark vernetzten Wirtschaft hat die Schweiz jedes Interesse an deren Realisierung.

Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung und der Schweizer Länderbericht

Die Schweiz hat sich international stark für die Entwicklung der Agenda 2030 mit ihren 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) engagiert und sie mitgeprägt. Die SDGs erfordern eine gemeinsame Anstrengung der Staatengemeinschaft unter Einbezug aller wichtiger Akteure.

Mit der Verabschiedung der Agenda 2030 wurde ein neuer globaler Referenzrahmen geschaffen, an welchem sich die Schweiz ausrichtet. Aus diesem Grund hat der Bundesrat 2015 eine umfassende Bestandsaufnahme zum heutigen Umsetzungsstand der Agenda 2030 in der Schweiz sowie in den Beziehungen nach Aussen in Auftrag gegeben.

Die Bestandsaufnahme ergab, dass insbesondere bei nachhaltigem Konsum und nachhaltiger Produktion der grösste Handlungsbedarf besteht. Dies beinhaltet die Steigerung der Ressourceneffizienz, die Senkung des Abfallvolumens, nachhaltige Wertschöpfungsketten inkl. nachhaltige Ernährungssysteme und eine nachhaltige öffentliche Beschaffung.

Die Land- und Ernährungswirtschaft im Rahmen der Umsetzung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung

Die Landwirtschaft ist ein wichtiger Teil der Lösung hin zu einem gesunden Planeten und einer nachhaltigen Gesellschaft. Als grosse Nutzerin von Land und Primärressourcen sowie als Leistungserbringerin der Ernährungssicherung ist sie unverzichtbare Schlüsselpartnerin für die Erreichung aller 17 SDGs. Sie trägt als Verursacherin zu globalen Problemen wie Wasserknappheit und -verschmutzung, Verringerung der Bodenqualität, Erosion, Verlust der Biodiversität und Klimawandel bei und steht damit sowohl in der Schweiz wie international in der Verantwortung.

Im Rahmen der bundesweiten Bestandsaufnahme zum Umsetzungsstand der Agenda 2030 in der Schweiz war das BLW federführend für SDG 2 zu Hunger. Ernährungssicherheit, Ernährung und nachhaltige Landwirtschaft sowie für sechs Unterziele (2.3, 2.4, 2.5, 2.b, 2.c, 15.6). Die dazugehörigen und teils neu definierten Indikatoren wurden in das MONET-Indikatorensystem des BFS aufgenommen.

Aus den SDG-Synthesen resultierte der Schweizer Länderbericht, der im Juni 2018 vom Bundesrat verabschiedet wurde. Der Bericht wurde anschliessend am HLPF in New York von Bundesrätin Doris Leuthard der UNO Staatengemeinschaft präsentiert

Aus der Bestandesaufnahme der Schweiz 2018: Kapitel zu SDG 2 – Den Hunger beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern

Die Schweizer Bundesverfassung verlangt von der Landwirtschaft eine nachhaltige und auf den Markt ausgerichtete Produktion, welche einen wesentlichen Beitrag zur sicheren Versorgung der Bevölkerung, zur Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen, zur Pflege der Kulturlandschaft und dezentralen Besiedlung des Landes leistet. Auch verlangt sie, dass der Bund die Voraussetzungen für die Sicherung der Grundlagen für die landwirtschaftliche Produktion sowie eine standortangepasste und ressourceneffiziente Lebensmittelproduktion und den ressourcenschonenden Umgang mit Lebensmitteln schafft sowie auch zu Handelsbeziehungen, die zur nachhaltigen Entwicklung der Land- und Ernährungswirtschaft beitragen. Die Schweizer Landwirtschaft produzierte 2017 mit 153 900 Beschäftigten auf ca. 25 % der Landesfläche rund 51 % des Landesbedarfs an Nahrungsmitteln. Der Rest wurde importiert. In der Schweiz leidet kaum jemand an Hunger. Die Kalorienproduktion, wie auch die Einkommen, sind weitgehend stabil. Die Beteiligung an Umwelt- und Tierwohlprogrammen und der Anteil der Biobetriebe (13 % im Jahr 2017) steigen.

Die Land- und Ernährungswirtschaft der Schweiz ist in die globalen Märkte eingebunden. Sie trägt deswegen auch im Ausland eine indirekte Verantwortung gegenüber Hungernden, dem Klima (CO2 und Energie), der Umwelt (natürliche Ressourcen, insbesondere Biodiversität, Boden, Luft und Wasser) und der sozialen Gerechtigkeit.
 

 Nachhaltige, gesunde und ausgewogene Ernährung fördern und sichere Lebensmittel gewährleisten

Sichere Lebensmittel stehen in der Schweiz heutzutage jederzeit in genügender Menge und Vielfalt zur Verfügung. Der Bund kontrolliert die Sicherheit der Lebensmittel entlang der Wertschöpfungskette aufgrund eines nationalen Kontrollplans. Ein Problem stellt die Fehl- und Mangelernährung dar (beispielsweise Aufnahme von zu viel Zucker, Salz und Fett), die nichtübertragbare Krankheiten wie Diabetes, Fettleibigkeit oder Herz-Kreislaufbeschwerden begünstigen. Derartige Krankheiten verursachen rund 80 % der Schweizer Gesundheitskosten. Hier setzt der Bund mit seiner Ernährungsstrategie 2017 – 2024 an. Unter Einbezug aller relevanten Akteure informiert er die Bevölkerung, um ihr die Wahl einer gesunden, ausgewogenen und abwechslungsreichen Ernährung zu erleichtern. Zudem sensibilisiert er Produzentinnen und Produzenten für die Verbesserung der Lebensmittelzusammensetzung, deren Fett-, Zucker- und Salzgehalt den neuesten Erkenntnissen der Ernährungsforschung entsprechen, und fördert ein verantwortungsbewusstes Marketing gegenüber Kindern sowie ein gesundes Mahlzeitenangebot in der Gemeinschaftsgastronomie.
 

Nachhaltige Agrar- und Ernährungssysteme fördern

Der Bund verfolgt die langfristige Erhaltung von tragfähigen Ökosystemen und deren Leistungen. Im Rahmen seiner Agrarpolitik leistet er Direktzahlungen an die Landwirtschaft für Leistungen, die der Markt nicht vollständig abgilt, wie etwa die Förderung und Erhaltung der Biodiversität, die Pflege von naturnahen Lebensräumen und die Reduktion von negativen Einflüssen auf Boden, Wasser und Klima. Wo effiziente Technologien nicht ausreichen, um die Tragfähigkeit der Ökosysteme zu erhalten, verlangt der Bund die Überprüfung und allenfalls die Anpassung der Bewirtschaftungsintensität. Trotz positiver Entwicklungen sind die langfristige Erhaltung tragfähiger Ökosysteme und die Erbringung der Ökosystemleistungen durch die Landwirtschaft immer noch gefährdet. Die Stickstoffbelastung, der Verlust an Biodiversität und der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und Antibiotika entsprechen noch nicht den Umweltzielen der Landwirtschaft. Handlungsbedarf besteht auch bei der Senkung von Treibhausgasemissionen sowie beim Erhalt der Bodenfruchtbarkeit.

In Zukunft wird der Druck auf das Kulturland und den Boden als Ganzes weiter steigen. Im Mittelland ist die Hauptursache für den Druck auf das Kulturland das hohe Siedlungswachstum, in den Bergregionen sind dies Verbuschung und Verwaldung. Die steigende Nachfrage nach regionalen und qualitativ hochstehenden Produkten und damit die Intensivierung der Bewirtschaftung in der Schweiz sowie das sich ändernde Klima (mehr Trockenheit oder Überschwemmungen, je nach Art der Bodenbewirtschaftung) haben einen negativen Einfluss auf die Bodenqualität. Allen Nutzungsbedürfnissen gerecht zu werden und gleichzeitig das Kulturland, die Bodenqualität und die natürlichen Ressourcen zu erhalten, ist eine grosse Herausforderung für die Schweiz.

Um qualitativ hochstehende, umwelt-, tier- und biodiversitätsfreundliche Produkte herstellen und absetzen zu können, muss sich die Landwirtschaft flexibel auf den Markt ausrichten. Dazu trägt unter anderem das System der geographischen Angaben bei. Die Ausrichtung auf den Markt wurde mit agrarpolitischen Massnahmen kontinuierlich verbessert, wie beispielsweise der Entkoppelung der Direktzahlungen von der Produktion. Dies genügt jedoch nicht, um mit den Entwicklungen im Ausland mitzuhalten. So hat z.B. in der EU die Agrarstützung stärker abgenommen als in der Schweiz. Dies hatte zur Folge, dass die Landwirtschaft in den Nachbarländern im Vergleich wettbewerbsfähiger wurde. Die stärkere Integration in ausländische Märkte wird auch zukünftig den inländischen Wettbewerbsdruck erhöhen.

Zugunsten einer nachhaltigen Landnutzung fördert der Bund Familienbetriebe und stärkt die Stellung von selbstbewirtschaftenden Personen sowie Pächtern und Pächterinnen beim Erwerb landwirtschaftlicher Gewerbe und Grundstücke. Damit sollen übersetzte Preise für den landwirtschaftlich nutzbaren Boden bekämpft und die Spekulation verhindert werden. Eine Vereinfachung des Zugangs zu Land für selbstbewirtschaftende Personen würde die Chancengleichheit für alle und insbesondere für Frauen erhöhen. Ausserdem würde dies vielfältige Geschäftsmodelle ermöglichen, landwirtschaftliche Berufe für junge Menschen attraktiver machen und damit das Agrar- und Ernährungssystem aus einer betriebswirtschaftlicher Perspektive nachhaltiger gestalten.
 

Genetische Ressourcen nachhaltig nutzen, erhalten und fördern

Eine intakte Biodiversität und namentlich die Agrobiodiversität ist die Grundlage für eine vielfältige und ausgewogene Ernährung. Die Erhaltung von genetischen Ressourcen, wie beispielsweise in Genbanken, spielt eine zentrale Rolle für die nationale wie globale Ernährungssicherheit. In der Schweiz gibt es private Sammlungen und auch eine nationale Genbank. Die nationale Genbank für pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft enthält rund 5400 Kulturpflanzensorten der Schweiz. Der Bund unterstützt ausserdem Projekte zur nachhaltigen Nutzung von pflanzengenetischen Ressourcen für die Ernährung und Landwirtschaft. Ausserdem werden Projekte zur Erhaltung und Förderung von tiergenetischen Ressourcen und für eine nationale Genbank für Schweizer Rassen der Tiergattungen der Rinder, Pferde, Schafe und Ziegen unterstützt. Eine Tierzuchtstrategie, welche zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung von tiergenetischen Ressourcen beitragen soll, ist in Erarbeitung. Eine entsprechende Pflanzenzuchtstrategie besteht bereits. In einem weiteren Schritt werden nun die Umsetzungsmassnahmen der Pflanzenzuchtstrategie erarbeitet.

Laura Sommer, BLW, Fachbereich Internationale Angelegenheiten und Ernährungssicherheit laura.sommer@blw.admin.ch

Facebook Twitter