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Bei unterirdischen Anlagen ist die Planung von Unterhalt und Sanierung insofern anspruchsvoll, als der Zustand der Bauwerke nicht ohne weiteres erkennbar ist. Bei Drainagen, welche zu einem grossen Teil vor mehr als fünfzig Jahren erstellt wurden, ist manchmal nicht einmal deren genaue Lage bekannt. Die Planunterlagen in Papierform sind meist noch beim Werkeigentümer vorhanden. Aber nicht immer ist klar, ob es sich dabei um Ausführungspläne handelt oder um Projektpläne, welche vielleicht gar nie so umgesetzt wurden. Spätere Ergänzungen oder Änderungen wurden zum Teil nicht nachgeführt. Wenn der ungefähre Leitungsverlauf nur im Kopf des Bewirtschafters gespeichert ist, ist das keine gute Grundlage für die langfristige Werterhaltung. 

Stand der Erfassung unterschiedlich

Sofern die Drainagewerke mit Beiträgen von Bund und Kantonen realisiert wurden, sieht die Datenlage in der Regel besser aus: Die meisten Kantone führen ein Kataster der subventionierten Meliorationsprojekte und verfügen somit über Pläne und Karten, die Auskunft über die Drainagewerke geben. Die Kataster dienen der Unterhaltskontrolle, der Datensicherung sowie teilweise für eine räumliche Übersicht über die finanziell unterstützten Meliorationsanlagen. Mit der Übertragung der Kataster in geografische Informationssysteme (GIS) kann die Verwaltung und Nachführung dieser Daten wesentlich verbessert werden. Der Stand der Erfassung der Drainagewerke, die Qualität und der Detaillierungsgrad der Daten variieren innerhalb der Schweiz stark (Nicole J. Seitz (Masterarbeit): Drainagen in der Schweiz. Zeitlicher Verlauf, aktuelle Datenlage und Einfluss auf die Landschaftsentwicklung. Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL, 18.3.2013). In einzelnen Kantonen, beispielsweise im Kanton Neuenburg, sind heute praktisch sämtliche Drainageleitungen digital erfasst und die Daten stehen auf dem kantonalen Web-GIS zur Verfügung (https://sitn.ne.ch/theme/agriculture), während in anderen nur die drainierten Flächen erfasst sind. Kantone mit wenigen Drainagen verfügen teils über keinerlei digitalisierte Daten.

Suissemelio, die schweizerische Vereinigung für ländliche Entwicklung (www.suissemelio.ch), hat ein Daten- und Darstellungsmodell entwickelt, welches einen gemeinsamen Standard der darzustellenden Informationen definiert. Das Modell kann durch die einzelnen Akteure nach ihren Bedürfnissen weiterentwickelt und ausgebaut werden.

Um eine flächendeckende digitale Erfassung (Digitalisierung) der Drainagewerke zu realisieren, braucht es allerdings nicht nur Technik und Standards; diese Aufgabe stellt auch eine organisatorische und finanzielle Herausforderung dar. Wie ein Kanton die Digitalisierung der Drainagewerke in Zusammenarbeit mit den Werkeigentümern unterstützen und beschleunigen kann, zeigt das Beispiel des Kantons Schaffhausen. Mit seinem Projekt will er zusammen mit den Gemeinden die Grundlage für eine systematische Unterhalts- und Sanierungsplanung schaffen. Künftig soll nicht mehr erst dann gehandelt werden, wenn sich bereits Probleme an der Oberfläche manifestieren, sprich, wenn lokale Bodenvernässungen auftreten. Mit vorausschauendem, langfristigem Planen und Handeln kann vermieden werden, dass sich der Gesamtzustand der Infrastrukturen schleichend verschlechtert und der Investitionsrückstand immer grösser und schwieriger zu bewältigen wird. Vollständige und aktuelle Informationen über die Drainagewerke sind ebenfalls die Voraussetzung für gesamtheitliche Überlegungen zur deren Zukunft.

Unterhalt ist günstiger als Sanierungen

Nach Artikel 33 der Strukturverbesserungsverordnung (SVV) überwachen die Kantone den Unterhalt. Sie erstatten dem BLW auf dessen Verlangen Bericht über die Zahl der Kontrollen, deren Ergebnisse und allfällige Anordnungen und Massnahmen. Der Kanton Schaffhausen ist zum Schluss gekommen, dass er seiner Aufsichtspflicht nicht ausreichend nachkommen kann, wenn die Werkeigentümer den Zustand ihrer Meliorationswerke ungenügend kennen.
 

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Eine verstopfte oder verschmutzte Drainageleitung wird gespült.


Die meisten Werkeigentümer haben für ihr Drainagewerk keinen Unterhaltsplan und kennen den Zustand und die Lage der Schächte und Leitungen nur ungenügend. Es werden oft nur die akuten Probleme gelöst, d. h. einzelne Teilstücke werden gespült oder ersetzt. Erst wenn es grössere Probleme mit Drainageleitungen gibt, stellen die Werkeigentümer ein Gesuch für die Sanierung der defekten Leitungen. Bei solchen Gesuchen legt der Kanton zusammen mit dem Werkeigentümer den Perimeter fest, über den der Zustand der Werkleitungen analysiert und der Leitungskataster digital erfasst wird. Für die digitale Erfassung hat der Kanton Schaffhausen ein INTERLIS-Modell für Leitungsdokumentation im Bereich Melioration erarbeitet. Dieses basiert auf der bestehenden Norm SIA-405 (Abwasser).Das Datenmodell Meliorationen (DMM) dient auch zur Erfassung des Kontroll- und Unterhaltsplans. Im Kanton Schaffhausen wurden bisher jährlich rund 10 bis 30 Kilometer Leitungen gespült; diese Arbeiten wurden mit Beiträgen an die periodische Wiederinstandstellung (PWI) unterstützt.
 

Zoom: ab18_digitalisierung_drainagewerke_leitungsnetz.jpg

Darstellung der Meliorationsleitungen auf dem Kartenausschnitt


Fünf (von 26) Gemeinden haben die Drainagewerke vollständig erfasst. Aus dem DMM können sie entnehmen, wann zum Beispiel welche Leitung gespült oder welcher Schlammsammler entleert werden muss. 
 
Folgende Erfahrungen wurden gemacht:

  1. Gemeinden bzw. Korporationen, die ihre Drainagewerke vollständig im DMM erfasst haben, kennen den Zustand ihrer Werke. Dementsprechend haben sie einen Unterhaltsplan und führen die Kontrollen und den Unterhalt gezielt durch, was zur Senkung der Sanierungskosten beiträgt. Es gibt Leitungen, die alle drei Jahre gespült und andere, die praktisch nie gespült werden müssen.

  2. Gemeinden bzw. Korporationen, die die Meliorationswerke nicht vollständig im DMM erfasst haben, können den Unterhaltsplan nicht über das DMM führen. Sie kennen den Zustand ihrer Werke nur schlecht.

Und zudem haben verschiedene Anspruchsgruppen (Werkeigentümer, Bewirtschafter, Grundeigentümer, Elektrizitätswerk, Swisscom, Umweltorganisationen etcusw.) das Bedürfnis, die Drainagewerke auf dem kantonalen Web-GIS einsehen zu können.
 

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Meliorationsleitungen dargestellt auf Orthofotos

Alle Drainagewerke werden erfasst

Aufgrund der bisherigen Erfahrungen wurde entschieden, dass der Kanton zukünftig keine Investitionshilfen an Sanierungsmassnahmen mehr gewährt, wenn das Meliorationswerk nicht vollständig im DMM erfasst ist, ein Unterhaltplan erstellt und der Zustand der Werke erfasst wird. Der Kanton hat sich zum Ziel gesetzt, dass bis in drei Jahren alle Meliorationswerke im DMM erfasst und auf dem Web-Gis einsehbar sind. In Absprache mit dem BLW ist folgendes Vorgehen geplant:

  1. Grundlagenbeschaffung: Die Drainagewerke im DMM erfassen, den Zustand der Meliorationswerke analysieren (jeder Schacht wird geöffnet) und einen Unterhaltsplan erstellen.

  2. PWI-Massnahmen: Aufgrund der Zustandsanalyse ist bekannt, welche Leitungen gespült werden müssen. Die PWI-Massnahmen dienen auch dazu, den Sanierungsbedarf zu erörtern. Keine Leitung wird saniert, wenn nicht vorgängig versucht wird, mit PWI Massnahmen das Problem zu beheben. Die zu sanierenden Leitungen müssen mit der Leitungskamera gefilmt werden.

  3. Ausarbeiten eines Sanierungskonzepts: Die Filme der Leitungskamera werden ausgewertet. Auf Basis dieser Auswertungen werden die Massnahmen zur Sanierung von beschädigten Werken und zur Behebung allfälliger hydraulischer Engpässe aufgezeigt; zudem werden Massnahmen zur Revitalisierung vorgeschlagen.

  4. Das Sanierungskonzept wird etappenweise umgesetzt.

Für die Arbeiten aller vier Projektstufen können grundsätzlich Bundes- und Kantonsbeiträge gewährt werden; die Modalitäten werden gegenwärtig gemeinsam mit dem BLW geklärt. Der Kanton Schaffhausen ist überzeugt, dass die wertvollen Drainagewerke nur erhalten werden können, wenn sie regelmässig gewartet werden. Dazu ist aus seiner Sicht ein GIS-basierter Kontroll- und Unterhaltsplan unumgänglich. 

Wendelin Hinder, Landwirtschaftsamt des Kantons Schaffhausen, wendelin.hinder@ktsh.ch
Irene Roth, BLW, Fachbereich Meliorationen, irene.roth@blw.admin.ch

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