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Boden ist eine nicht erneuerbare, knappe Ressource

Boden ist die Produktionsgrundlage für unsere Ernährung. Er kann Wasser und Nährstoffe sowie organische Substanz und Energie speichern. Ausserdem filtert Boden Wasser, wandelt Gase um und ist Lebensraum für eine unvorstellbar grosse Anzahl unterschiedlicher Organismen. 

Die Entwicklung fruchtbarer Böden erfordert viel Zeit. Die meisten heutigen Böden im Schweizer Mittelland haben ihren Entwicklungsursprung am Ende der letzten Eiszeit vor 10 000 Jahren. Auf Fels, Moränenmaterial oder Flussschotter entstanden durch chemische, physikalische und biologische Prozesse Rohböden, auf denen erste Pflanzen gedeihen konnten. Mit der Umwandlung von abgestorbenem pflanzlichem Material reicherte sich Humus an, und es folgten die Freisetzung von Mineralien, die Bildung von Tonmineralen und die Verlagerung von Stoffen. So entstanden nach und nach unterschiedliche, standorttypische Böden mit einer charakteristischen Abfolge von Bodenhorizonten (vgl. Abbildung unten).
 

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Gebirgsboden in Gletschervorfeld, welcher sich in den letzten 60 Jahren seit dem Abschmelzen des Gletschers gebildet hat. In dieser Zeit konnte sich eine Pioniervegetation etablieren, deren Abbauprodukte sich in einem organischen Auflagehorizont akkumulieren. Die beim Abbau der organischen Substanz frei werdenden Säuren konnten die feinkörnigen Teile der abgelagerten Moräne bereits angreifen, und dabei entstanden erste Verwitterungsprodukte, rot gefärbte Eisenoxide und Tonmineralien.
(Bodenkundliche Gesellschaft der Schweiz, Boden des Jahres 2018 © Gabriela Brändle, Roman Berger & Michael Wernli)  

 
Es gibt nicht den Boden schlechthin, sondern flache, tiefe, saure, basische, nährstoffarme, nährstoffreiche, nasse, trockene, sandige, lehmige oder tonige Böden mit allen nur denkbaren Kombinationen (NFP, 2015). Die Böden im Mittelland sind mit einer Mächtigkeit von ein bis zwei Metern deutlich tiefgründiger als die Böden im Berggebiet, die oft nur wenige Zentimeter mächtig sind. Solange Böden von Wetter und Wasser bearbeitet und von Lebewesen bewohnt werden, ist ihre Entwicklung nicht abgeschlossen. In Böden laufen gleichzeitig eine Reihe von Prozessen ab: Humus wird auf- und abgebaut, das Sickerwasser löst Stoffe und wäscht sie aus, Ton und Bodenpartikel verlagern sich in tiefere Horizonte, Eisen oxidiert und gibt vielen Böden die typische bräunlich-rötliche Farbe.

Diese dünne und verletzliche Haut unseres Planeten bildet die Grundlage allen Lebens auf dem Land und die Basis unserer Zivilisation. Dennoch ist Boden die am meisten unterschätzte und am wenigsten gewürdigte natürliche Ressource (BAFU 2017). Gehen Böden verloren, beeinträchtigt dies nicht nur unsere Lebensqualität, sondern schränkt auch diejenige künftiger Generationen ein. Unsere technisch geprägte Zivilisation entfernt sich gedanklich ständig mehr von den Grenzen unserer natürlichen Ressourcen, obwohl unsere Ernährung nach wie vor von intakten Böden abhängt. Es gilt deshalb, diese nicht erneuerbare Ressource mit Sorgfalt zu nutzen.

Nachhaltige Bodennutzung als nationale Herausforderung

Die Landwirtschaft bewirtschaftet mehr als einen Drittel der Schweizer Fläche. Äcker existieren dort, wo die Böden von Natur aus besonders fruchtbar sind. Vor allem im Schweizer Mittelland haben sich unter den feuchten und relativ warmen Verhältnissen Böden entwickelt, die zu den fruchtbarsten und ertragreichsten der Welt zählen (vgl. Abbildung unten). Allerdings stehen uns pro Kopf aufgrund der fortgeschrittenen Versiegelung nur noch 0,14 Hektar Ackerfläche zur Verfügung; nach den Niederlanden ist dies der zweitkleinste Wert in Europa (NFP, 2015). Weniger ertragreiche Böden werden als Wälder, extensive Wiesen oder Weiden genutzt. Die Siedlungsfläche bedeckt 7,5 % der Schweiz (BFS, 2016). Hier sind die Böden zu einem grossen Teil überbaut oder in ihrem natürlichen Aufbau gestört.
 

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Diese fruchtbare Braunerde bildete sich aus Moränematerial der letzten Eiszeit. Die verwitterte Schicht variiert zwischen 100 und 130 cm. Werden davon die nicht durchwurzelbaren Steine (geschätzter Anteil ca. 15 %) abgezählt, ergibt sich eine pflanzennutzbare Gründigkeit von 85 bis 110 cm. Entsprechend können bei mittlerem Wasserspeichervermögen pro Quadratmeter 140 bis 200 Liter Wasser gespeichert werden.
(Amt für Landwirtschaft und Natur des Kantons Bern & Agroscope © Gabriela Brändle, Urs Zihlmann & Andreas Chervet)


Bodenschutz ist daher eine Aufgabe der gesamten Gesellschaft. Die langfristige Verfügbarkeit der Bodenfunktionen in der Schweiz und weltweit ist infrage gestellt. Wenn Boden erst einmal geschädigt ist, kann er nur teilweise und mit grossem technischem und finanziellem Aufwand wieder in den ursprünglichen Zustand versetzt werden. Da alle Lebensbereiche Boden nutzen oder beeinträchtigen, gleichzeitig aber auch von seinen Funktionen profitieren, ist Bodenschutz eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe von Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Raumplanung, Wissenschaft und jedem Einzelnen. Daher arbeitet das Bundesamt für Landwirtschaft an der Seite des Bundesamtes für Umwelt und des Bundesamtes für Raumplanung an einer gemeinsamen nationalen Bodenstrategie. Ziel ist es, die Bodenfunktionen und damit die Leistungsfähigkeit der Böden auch für künftige Generationen zu sichern. 

Gefährdung der Landwirtschaftsböden

Die Nutzung des Bodens durch den Menschen hat vielfältige Auswirkungen auf die physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften der Böden und damit auf deren Funktionserfüllung. Böden sind zwar wahre Multitalente, ihre Leistungen sind aber nicht in jedem Fall gewährleistet. Durch eine nicht nachhaltige Nutzung oder durch die Belastung mit Schadstoffen können die Bodenfunktionen zum Teil drastisch eingeschränkt werden. 

35 % der Schweizer Böden können als Äcker, Wiesen und Weiden genutzt werden. Weitere 10 % sind alpwirtschaftliche Gebiete und dienen damit ebenfalls der Produktion von Nahrungsmitteln. Der Rest ist für eine landwirtschaftliche Nutzung entweder zu steil, zu nass, zu trocken, zu flachgründig oder zu nährstoffarm.

Wird ein Boden überbaut, ist er für immer der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen. Der Siedlungsraum mit seinem hohen Anteil an betonierten oder asphaltierten Flächen beansprucht immer grössere Flächen. Zwischen 1985 und 2009 wurde im Schweizer Mittelland jede Sekunde fast ein Quadratmeter Boden überbaut – das entspricht:

  • pro Minute 15 Laufmetern Quartierstrasse,

  • pro Stunde 6 Einfamilienhäusern,

  • pro Jahr der Fläche des Kantons Basel-Stadt.

16 % des Mittellands bestehen bereits aus Gebäude-, Industrie- und Gewerbeareal. Mit der Überbauung kommen alle natürlichen Bodenfunktionen zum Erliegen, vor allem die Produktion von Lebensmitteln. Die Landwirtschaft ist auf funktionierende Böden angewiesen und muss versuchen, im Hinblick auf die Erfüllung ihrer vielfältigen Funktionen zu erhalten und zu fördern (vgl. Abbildung unten). Die grössten Gefährdungen entstehen durch Verdichtung, Erosion und Schadstoffeinträge (NFP, 2015). 

Bodenverdichtung: Wird der Boden mit zu schweren Maschinen oder in vernässtem Zustand befahren, wird die Bodenstruktur nachhaltig geschädigt. Dies hat Auswirkungen auf den Luft- und Wasserhaushalt und damit das Bodenleben. Als Folge nimmt die Bodenfruchtbarkeit ab. Verdichtete Böden verfügen über eine eingeschränkte Versickerungsleistung wodurch Wasser nicht eindringen kann und oberflächlich abfliesst. Dies begünstigt die Bodenerosion und erhöht das Hochwasserrisiko.

Bodenerosion: Erosion ist ein natürliches Phänomen, das durch Wasser und Wind unsere Landschaft formt. Die landwirtschaftliche Nutzung verändert allerdings die Bodenbedeckung und -beschaffenheit, was zu einem erhöhten Erosionsrisiko führen kann. Oberirdisch abfliessendes Wasser schwemmt vor allem die nährstoffreiche Feinerde von Ackerflächen ab. Erosion beeinträchtigt damit viele Bodenfunktionen, unter anderem die Speicherkapazität für Wasser und Nährstoffe. Etwa 40 % der Ackerflächen in der Schweiz gelten als erosionsgefährdet (BAFU 2017). Insgesamt verlieren die Schweizer Äcker jedes Jahr schätzungsweise 800 000 Tonnen Bodenmaterial. Das entspricht etwa einem mit 100 Metern Erde bedeckten Fussballfeld.

Schadstoffeinträge: Rund ein Zehntel des Bodens in der Schweiz ist mit Schadstoffen belastet, was unter anderem die Hinterlassenschaft alter Umweltsünden ist. Im Boden intensiv genutzter Wiesen werden zudem kontinuierlich steigende Konzentrationen von Zink und Kupfer beobachtet, die mit der Gülle oder über Futtermittelzusätze in die Landschaft gelangen (Gubler et al., 2015). Zudem können sich Rückstände von persistenten Pflanzenschutzmitteln negativ auf die Bodenfauna auswirken.
 

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Durch Befahrung mit zu schweren Maschinen oder bei zu nassen Bedingungen wird der Boden verdichtet und das Wasser kann nicht mehr versickern. Als Folge treten Erosion und Vernässung auf dem Feld auf.
(© Volker Prasuhn, Agroscope Reckenholz).  

Indikatoren zum Zustand des Bodens

Ein einzelner Indikator kann nicht das ganze Spektrum der Bodenfruchtbarkeit inklusive aller erbrachten Bodenfunktionen abdecken. Es werden verschiedene Indikatoren herangezogen um den Zustand des Bodens in Bezug auf spezifische Eigenschaften zu beurteilen. So gibt es einen Indikator für die Nutzung von Böden, welcher das Mass der für die Nahrungsmittelproduktion verfügbare Flächen widerspiegelt, Schwermetallindikatoren, die die Schadstoffbelastung anzeigen, oder aber einen Bodenbedeckungsindikator, welcher den Schutz der Böden vor Erosion erfasst. In der Literatur wird häufig Humus als wichtigstes Proxy für die Bodenfruchtbarkeit gesehen, da der Humusgehalt durch physikalische, chemische und biologische Prozesse beeinflusst wird. Dazu wird im Agrarumweltmonitoring der Indikator Humusbilanz zur Beobachtung von Veränderungen der Humusgehalte im Boden verwendet.

Nachhaltige Bodennutzung in der Landwirtschaft 

Damit die natürliche Bodenfruchtbarkeit auch langfristig erhalten bleibt, ist eine standortangepasste landwirtschaftliche Nutzung notwendig. Zu schwere Maschinen bei nassen Bedingungen, zu viel Mineraldünger, Gülle und Pflanzenschutzmittel schädigen die Struktur des Bodens und die Organismen im Boden. Es gilt deshalb, den Boden sorgsam und nachhaltig zu nutzen.

Abgestorbene Pflanzenteile, tote Tiere und Tierausscheidungen werden von Bodenlebewesen als Nahrung verwendet und zu mehr oder weniger stabilem Humus umgebaut. Bei nachhaltig bewirtschafteten Böden wird Humus innerhalb von Bodenaggregaten und an mineralischen Oberflächen geschützt, was zur Ausbildung eines dunklen Bodenhorizonts mit lockerer Struktur führt.

Der Humus im Boden beeinflusst direkt oder indirekt die meisten Bodenfunktionen. Er ist Nährstoffquelle für die Pflanzen sowie Speichermedium für Wasser, Schadstoffe und Kohlenstoff. In den Nährstoff-, Wasser- und Kohlenstoffkreisläufen spielt der Humus deshalb eine zentrale Rolle. Er begünstigt zudem die Bildung von stabilen Krümeln und trägt damit zum Schutz der Bodenoberfläche vor Erosion bei. Der Humusgehalt ist daher für die Bodenfruchtbarkeit von herausragender Bedeutung. Durch die landwirtschaftliche Bewirtschaftung kann sich die Bodenqualität verbessern oder verschlechtern, was sich über die Zeit in Veränderungen der Humusgehalte der Böden erkennen lässt. Aus diesem Grund ist es wichtig, Humusverluste frühzeitig zu erkennen und präventive Massnahmen zum Humuserhalt zu ergreifen.

Literatur

BAFU, 2017: Boden in der Schweiz. Zustand und Entwicklung. Stand 2017. Bundesamt für Umwelt, Bern. Umwelt-Zustand Nr. 1721: 86 S.

Gubler A., Schwab P., Wächter D., Meuli R. G., Keller A. 2015: Ergebnisse der Nationalen Bodenbeobachtung (NABO) 1985 – 2009. Zustand und Veränderungen der anorganischen Schadstoffe und Bodenbegleitparameter. Bundesamt für Umwelt, Bern. Umwelt-Zustand Nr. 1507: 81 S.

NFP, 2015: Bodenschätze. Nationales Forschungsprogramm «Nachhaltige Nutzung der Ressource Boden NFP 68». www.bafu.admin.ch/ud-1090-d

Michael Zimmermann, BLW, Fachbereich Agrarumweltsysteme und Nährstoffe, michael.zimmermann@blw.admin.ch

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