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Die Wichtigkeit von Humus

Als «Humus» wird die abgestorbene bzw. unbelebte organische Bodensubstanz aus Wurzeln, Wurzelausscheidungen, Stoppeln, auf dem Feld belassenen Ernterückständen, zugeführten organischen Düngern und abgestorbenen Bodenorganismen bezeichnet.
Ohne Humus geht im Boden fast nichts: Er liefert Energie und Nährstoffe für das Bodenleben, welches Nährstoffe wieder pflanzenverfügbar macht und den Boden strukturiert. Er verbessert den Wasser- und Lufthaushalt der Böden sowie deren Stabilität. Ein angemessener Humusgehalt erhöht die Kationenaustauschkapazität der Böden und somit deren Speichervermögen für Pflanzennährstoffe – aber auch für Schadstoffe. Der Humusgehalt eines Bodens ist deshalb für alle Bodenfunktionen (Produktion, Regulation, Lebensraum) von grosser Bedeutung.
Die Abbaugeschwindigkeit der organischen Bodensubstanz ist abhängig von ihrer räumlichen Zugänglichkeit, ihren chemischen Eigenschaften, sowie den Bodenumwelt-Bedingungen.

Humus und Bodenanalysen

Untersuchungen haben gezeigt, dass das Verhältnis zwischen Humus- und Tongehalt im Oberboden einen Zusammenhang mit der Strukturqualität eines Bodens hat: Wenn der Humusgehalt nur 1/8 des Tongehaltes eines Bodens ausmacht, ist die Wahrscheinlichkeit deutlich grösser, dass die Bodenstrukturqualität ungenügend ist, als bei einem höheren Humusgehalt (1/6 des Tongehaltes oder grösser). Mit einer Erhöhung des Humusgehaltes geht meist eine Verbesserung der Bedingungen für die Strukturentwicklung und -stabilisierung einher.
Mit Hilfe regelmässig durchgeführter Bodenproben lässt sich die Entwicklung der Humusgehalte in Praxisparzellen verfolgen, wenn die Beprobung systematisch gemacht und der Humusgehalt analytisch bestimmt wird. Wegen des üblicherweise langen Beprobungsintervalls von bis zu 10 Jahren lässt sich die Entwicklung des Humusgehaltes auf uneinheitlichen Praxisparzellen auf diese Weise jedoch oft nicht genügend rasch (mindestens 30 Jahre Beprobungsdauer nötig) und zuverlässig verfolgen. In Kleinparzellen von Dauerfeldversuchen konnten relative Verfahrensunterschiede von 20 % (z.B. zwischen absolut 2,0 und 2,4 % Humusgehalt) mit jährlichen Messungen zwar sicher nachgewiesen werden; wären die Humusgehalte allerdings nicht jährlich, sondern nur alle 5 Jahre gemessen worden, hätten viele dieser mit Intensivbeprobung von Kleinparzellen festgestellten Unterschiede selbst nach 20 Jahren nicht sicher erkannt werden können.

Humusbilanzierung

Für die kurz- und mittelfristige Bewirtschaftungssteuerung bietet sich als Ergänzung zur Analyse des Humusgehaltes die Humusbilanzierung an. Mit der Berechnung der Humusbilanz kann der Einfluss der Bewirtschaftungsweise auf den Humusumsatz der Böden jederzeit abgeschätzt werden. Das Risiko von Humusverlusten lässt sich einfach erkennen und Verbesserungseffekte von Bewirtschaftungsmassnahmen lassen sich testen, bevor diese in die Betriebsplanung übernommen werden.
Eine Humusbilanzierungsmethode, die auf der Basis von einfachen Betriebsdaten mit geringem Aufwand gute Ergebnisse liefert, ist die Humusbilanzierung nach Neyroud. Sie dient als Grundlage sowohl für den Agrarumweltindikator «Humusbilanz» (AUI Humusbilanz) als auch für den Humusbilanz-Rechner von Agroscope.
Bei dieser Methode werden Humusverluste und Humusgewinne als Folge von Standort- und Bewirtschaftungseinflüssen für jede Parzelle eines Betriebes separat bilanziert.
Der voraussichtliche Humusverlust wird über die von den Bodeneigenschaften und der Bearbeitungsintensität abhängige Humusabbaurate abgeschätzt. Den zu erwartenden Humusgewinn beurteilt die Methode anhand der Einträge an organischer Substanz in den Boden. Dies kann einerseits durch Wurzeln, Stoppeln und Ernterückstände der angebauten Kulturen geschehen, andererseits durch die Art und Menge der ausgebrachten organischen Dünger wie Mist oder Kompost.

Humus und Bewirtschaftung

Humus wird im Boden sowohl auf- als auch abgebaut (vgl. nächste Abbildung). Aufgebaut wird er, wenn organisches Material auf dem Feld belassen oder aufs Feld gebracht wird. Bei jeder Kultur scheiden die Wurzeln während ihrer Lebensdauer organisches Material in den Boden aus, zusätzlich bleiben die abgestorbenen Wurzeln sowie Erntereste wie Stoppeln auf dem Feld zurück; diese Mengen an organischem Material werden im Humusbilanz-Rechner als «obligatorische Ernterückstände» bezeichnet: sie verbleiben in jedem Fall auf dem Feld. Zusätzlich können weitere Produkte der Kultur entweder abgeführt oder auf dem Feld belassen werden, z.B. Stroh und Laub; dieses organische Material der Hauptkultur wird im Humusbilanz-Rechner «fakultative Ernterückstände» genannt. Zwischen den Hauptkulturen können je nach verfügbarer Zeit noch Zwischenkulturen angesät werden. Auch diese liefern mit ihrem Wurzelwerk und ihren oberirdischen Pflanzenteilen positive Beiträge zum Humusaufbau. Und schliesslich gelangen durchs Ausbringen von Hof- und Recyclingdüngern weitere zum Teil beträchtliche Mengen an organischem Material aufs Feld. 
Am stärksten abgebaut wird Humus in Ackerböden, die ganzflächig und intensiv bearbeitet werden, weil die organische Substanz für die Bodenorganismen durchs Vermischen leichter zugänglich gemacht und gleichzeitig der Lufthaushalt im gelockerten Boden verbessert wird. Im Humusbilanz-Rechner wird dies momentan je nach Kultur berücksichtigt: bei Kartoffeln wird der Humus-Abbaukoeffizient erhöht, bei Kunstwiesen verringert. Weitere Einflüsse unterschiedlicher Bearbeitungsintensitäten (z.B. pflügen vs. direkt säen) lassen sich mangels eindeutiger Daten aus Langzeitversuchen noch nicht abbilden.
 

Zoom: ab18_umwelt_boden_lebensraum_boden_d.png

Nutzen des Humusbilanz-Rechners

Sowohl der AUI «Humusbilanz» als auch der Humusbilanz-Rechner berechnen die Humusbilanz des Gesamtbetriebes und einzelner Parzellen aufgrund von wenigen, leicht verfügbaren Betriebsdaten im Jahrestakt. Als Betriebsdaten werden benötigt: Parzelleneigenschaften (Ton- und Humusgehalt, pH-Wert, Fläche), Haupt- und Zwischenkultur (inkl. Verwendung der oberirdischen Pflanzenteile) und ausgebrachte organische Dünger (Hof- und Recyclingdünger). Während die Humusbilanz für die Betriebe der AUI-Auswertung zentral von Agroscope gemacht werden, steht der Humusbilanz-Rechner Interessierten kostenlos auf dem Internet als Webapplikation zur Verfügung (www.humusbilanz.ch; www.bilan-humique.ch; Abb. 2). Verschiedene grafische und tabellarische Darstellungen ermöglichen es, die Ergebnisse der Humusbilanz rasch zu beurteilen, Probleme sicher zu erkennen und die Wirksamkeit möglicher Gegenmassnahmen gleich zu testen. 

Um zu beurteilen, ob die Humusbewirtschaftung im Gleichgewicht ist, sollte die Humusbilanz eines Betriebes regelmässig berechnet werden. Falls die aktuelle Bewirtschaftung ungünstige Auswirkungen auf die Entwicklung der Humusbilanz zeigt oder die Humusbilanz insgesamt ein deutlich negatives Ergebnis aufweist, können mit dem Humusbilanz-Rechner Verbesserungsmassnahmen – wie den zusätzlichen Einsatz von Ernterückständen, Zwischenkulturen oder organischen Düngern – geprüft und in die Bewirtschaftungsplanung übernommen werden. Vor allem bei grösseren Bewirtschaftungsanpassungen ist es empfehlenswert, den Humusbilanz-Rechner beizuziehen, um beurteilen zu können, ob die geplanten Veränderungen auch aus Sicht der Humuswirtschaft tragbar sind, bzw. welche kompensatorischen Massnahmen allenfalls notwendig werden, um die Humusbilanz im Gleichgewicht zu halten. Typische Konstellationen wären Fruchtfolgeveränderungen Richtung eines höheren Hackfruchtanteils oder Betriebsumstellung auf viehlosen Ackerbau.

Die Humusbilanz soll Bauern helfen, die Humusbewirtschaftung ihrer Böden im Gleichgewicht zu halten oder gar zu verbessern. Für den Boden ist es wichtig, die Bodenorganismen regelmässig mit organischer Substanz und so mit ausreichend Energie und Nährstoffen zu versorgen. Eine zu hohe Zufuhr an organischer Substanz oder ein zu hoher Humusgehalt kann ökologisch jedoch auch ein Risiko darstellen. Durch den unkontrollierten Abbau grosser Mengen an organischer Substanz können mehr Nährstoffe (v.a. Stickstoff) für die Pflanzen freigesetzt werden, als diese aufnehmen können. Dadurch steigt das Risiko von Nährstoffverlusten ins Grundwasser. Diese Gefahr besteht vor allem bei Kulturübergängen im Herbst und über Winter, wenn der Boden brachliegt oder die Pflanzen noch klein sind und nur wenig Nährstoffe benötigen.

Ressourcenprojekt Kanton SO

Im Kanton Solothurn läuft seit Herbst 2017 das Ressourcenprojekt Humus. In diesem Projekt kommt eine Parallelversion des Humusbilanz-Rechners zum Einsatz, die formal auf die spezifischen Solothurner Bedürfnisse zugeschnitten ist. Das Oberziel des Projektes ist die nachhaltige Sicherstellung der Bodenfruchtbarkeit von Ackerböden. Dies soll unter anderem über die Sensibilisierung der Bäuerinnen und Bauern für die Bedeutung des Humusgehaltes ihrer Böden erreicht werden. Der praxisorientierte und einfach zugängliche Humusbilanz-Rechner dient den Projektteilnehmenden dabei als Grundlage für die Planung ihrer Humusbewirtschaftung. Zusätzlich werden im Projekt Beratungen angeboten und humusaufbauende Bewirtschaftungsmassnahmen unterstützt. Das sechsjährige Projekt wird von Bund und Kanton unterstützt und von der HAFL in Zollikofen wissenschaftlich begleitet.

Kontakt: Jennifer Meier, Amt für Landwirtschaft, Kanton Solothurn (jennifer.meier@vd.so.ch) Peter Weisskopf, Hans Rudolf Oberholzer und Urs Zihlmann, Agroscope

Peter Weisskopf, Hans Rudolf Oberholzer und Urs Zihlmann, Agroscope Michael Zimmermann, BLW, Fachbereich Agrarumweltsysteme und Nährstoffe, michael.zimmermann@blw.admin.ch

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