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Um unsere natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten, ist es wichtig, die Tragfähigkeit der Ökosysteme nicht zu überschreiten. Boden, Wasser und Luft dürfen nicht übernutzt werden, Schadstoffe dürfen die Umwelt und Gesundheit nicht beeinträchtigen. Die Biodiversität soll reichhaltig und gegenüber Veränderungen reaktionsfähig sein. Welchen Beitrag die Schweizer Landwirtschaft dazu leisten muss, zeigen die Umweltziele Landwirtschaft auf. 2016 stellte der Bundesrat fest, dass bisher keines dieser Ziele vollständig erreicht wurde. Der Handlungsbedarf ist bei der Biodiversität, den klimarelevanten Treibhausgasen, dem Stickstoff und der Bodenfruchtbarkeit besonders hoch.

Um das Potenzial für die Lebensmittelproduktion auf tragfähige Art und Weise nutzen zu können, braucht es je nach Standort ein unterschiedliches Vorgehen. Verschiedene Studien zeigen, dass technische Massnahmen viel zur Annäherung an die Umweltziele beitragen können. Sie reichen jedoch nicht überall aus, um die Ziele ganz zu erreichen. Je nach Standort und Umweltproblem ist auch eine grundlegendere Änderung in der Landwirtschaft erforderlich, z.B. die Umwandlung von Ackerflächen in Grünland bei zu hohem Nitratgehalt im Grundwasser oder eine Reduktion der Tierzahl zur Senkung der Ammoniak- und Treibhausgasemissionen.

Weniger Nutztiere bedeutet auch weniger Fleisch. Bei gleichbleibendem Konsum würde das heissen, dass ein grösserer Anteil importiert wird. Wenn die Tragfähigkeit der Ökosysteme aber auch an den ausländischen Produktionsorten überschritten ist, verbessert sich dadurch zwar die ökologische Situation im Inland, weltweit ist jedoch kaum etwas gewonnen.

Um entscheiden zu können, ob die Tragfähigkeit der Ökosysteme überschritten ist, müssen verschiedene Ebenen betrachtet werden. Beispielsweise ist Bodenerosion ein lokales Problem, Ammoniakemissionen wirken sich vorwiegend regional aus und bei Treibhausgasemissionen spielt es keine Rolle, wo auf der Welt sie entstehen. Weltweite Daten zur Belastung von Ökosystemen sind spärlich. Einen Anhaltspunkt geben u.a. die sogenannten planetarischen Grenzen. Sie zeigen, wann die Gefahr von irreversiblen und plötzlichen Umweltveränderungen besteht, die die Bewohnbarkeit der Erde für die Menschheit einschränken. Die Daten zeigen, dass diese Grenzen bei Stickstoff und dem Landnutzungswandel bereits überschritten sind. Eine reine Anpassung der Schweizer Landwirtschaft genügt also nicht, auch beim Konsum von Nahrungsmitteln besteht Handlungsbedarf.

Agroscope modellierte, wie sich die Schweizer Bevölkerung möglichst ressourcenschonend ernähren kann unter der Bedingung, dass die Abweichungen von den Ernährungsempfehlungen nicht grösser werden, als sie heute sind, und dass die gesamte landwirtschaftliche Fläche der Schweiz weiterhin genutzt und damit gepflegt wird.

Es zeigt sich, dass die Umweltbelastung gemessen mit dem aggregierten Umweltindikator ReCiPe durch eine Umstellung der Ernährung um mehr als die Hälfte reduziert werden kann. Verbessert werden alle drei betrachteten Bereiche, die Belastung der menschlichen Gesundheit, die Ressourcenausschöpfung und die Belastung der Ökosysteme. Wenn die Nahrungsmittelverluste im Haushalt vermieden werden, senkt dies die Umweltwirkungen weiter.
 

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Die Umweltwirkungen von tierischen Lebensmitteln sind in der Regel deutlich grösser als die von pflanzlichen Nahrungsmitteln. Milch schneidet bei den tierischen Produkten günstiger ab als Fleisch, da bei der Milchproduktion weniger nicht in der Ernährung verwertbare Produkte entstehen als bei der Fleischproduktion.

In der umweltoptimierten Ernährung wird gegenüber dem heutigen durchschnittlichen Konsum weniger Fleisch verzehrt (in Kalorien: -70 %). Weniger konsumiert werden auch Genussmittel wie alkoholische Getränke und Kakao. Gegessen werden dagegen mehr Getreide, Kartoffeln oder Hülsenfrüchte (+35 %) sowie Öle oder Nüsse (+50 %). Der Milchkonsum bleibt etwa gleich. Die in der folgenden Abbildung ersichtliche Mengenzunahme ergibt sich aus der Verschiebung von Käse zu Trinkmilch.

Die optimierte Ernährung entspricht zudem den Ernährungsempfehlungen besser als die aktuelle durchschnittliche Ernährung. Ausserdem kann der Selbstversorgungsgrad gesteigert werden.
 

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Würde sich die gesamte Schweizer Bevölkerung ressourcenschonender ernähren, so würden in der Schweiz weniger Nutztiere gehalten. Insbesondere die Bestände der Schweine, des Geflügels, der Mutterkühe und der Grossviehmast nähmen ab. Das Grünland würde hauptsächlich über die Milchviehhaltung genutzt.

Andere Untersuchungen mit Fokus auf das Gesamtsystem, also der gleichzeitigen Betrachtung von landwirtschaftlicher Produktion, Ernährung und Umweltwirkungen, kommen zu ähnlichen Resultaten. Beispiele sind Kopainsky im Rahmen des NFP 69 oder Chaudhary et al.

Veränderungen beim Konsum von Nahrungsmitteln gehen langsam vor sich. Innerhalb der letzten 20 Jahre hat der durchschnittliche pro-Kopf-Fleischkonsum um 5 % abgenommen. Die Ernährungsmuster verändern sich weiter, hauptsächlich aus Gesundheits- und Life-Style-Gründen. Der Landwirtschaft bleibt etwas Zeit, sich anzupassen und bei den Nachfrageveränderungen auch neue Marktchancen zu finden.

Literatur

BAFU und BLW, 2016. Umweltziele Landwirtschaft. Statusbericht 2016. Bundesamt für Umwelt, Bern. Umwelt-Wissen Nr. 1633. link 

Bystricky M., Nemecek T., Gaillard G., 2017. Gesamt-Umweltwirkungen als Folge von Gewässerschutzmassnahmen im Schweizer Agrarsektor.  Agroscope Science, 50. link

Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV, 2017. Geniessen und Gesund bleiben. Schweizer Ernährungsstrategie 2017 – 2024. link

Bundesrat, 2016. Natürliche Lebensgrundlagen und ressourceneffiziente Produktion. Aktualisierung der Ziele Bericht in Erfüllung des Postulats 13.4284  Bertschy vom 13. Dezember 2013. link

Campbell, B. M., D. J. Beare, E. M. Bennett, J. M. Hall-Spencer, J. S. I. Ingram, F. Jaramillo, R. Ortiz, N. Ramankutty, J. A. Sayer, and D. Shindell, 2017. Agriculture production as a major driver of the Earth system exceeding planetary boundaries. Ecology and Society 22(4):8. link

Chaudhary, A., Gustafson, D., & Mathys, A., 2018. Multi-indicator sustainability assessment of global food systems. Nature Communications. 9(1), 848. link

Felder D., 2015. Klimaschutz und Ernährung. Agrarbericht 2015. link

Kopainsky B., 2018. Szenarien und Modelle für eine nachhaltige Land- und Ernährungswirtschaft. NFP 69 Nachhaltige Ernährungswirtschaft. link

Poore J., Nemecek T., 2018. Reducing food’s environmental impacts through producers and consumers. Science 01 Jun 2018: Vol. 360, Issue 6392, pp. 987 – 992. link

Reutimann J., Heldstab F., Leippert F., 2013. Stickstoff in der Landw- und Ernährungswirtschaft. Stickstoffflüsse, Verluste und Reduktionspotenziale. INFRAS. link

Zimmermann A., Nemecek T., Waldvogel T., 2017. Umwelt- und ressourcenschonende Ernährung: Detaillierte Analyse für die Schweiz. Agroscope Science, 55, 2017, 1 – 170. link 

Ruth Badertscher, BLW, Fachbereich Agrarumweltsysteme und Nährstoffe
ruth.badertscher@blw.admin.ch

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