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Die Entwässerung der Flaacherebene verfügt über eine lange Geschichte. Erste kulturtechnische Bauarbeiten wurde bereits 1898 geplant und in den Jahren 1902 bis 1905 realisiert. Es wurden damals rund sechs Kilometer Abzugsgräben ausgehoben, um die Ebene zwischen Rhein, Thur und dem Irchel zu entwässern und damit rund 212 Hektar Kulturland zu verbessern. Mit dem Projekt für das Kraftwerk Eglisau um 1920 ergab sich ein Aufstau der Wasserkote im Rhein und es wurden Pumpwerke nötig. Eine im Jahre 1926 gegründete Genossenschaft erstellte den parallel zum Rhein verlaufenden Rheingraben und drainierte zusätzlich 30 Hektar. Nach dem Aufstau des Rheins häuften sich in den Dreissigerjahren Beschwerden der Landwirte, dass sie in der Ebene vermehrt unter einer zunehmenden Versumpfung zu leiden hätten.
 

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Vernässungen im Flaacherfeld nach starken Niederschlägen im März 2006


Die Probleme vergrösserten sich offenbar dermassen, dass im Jahr 1942 eine Melioration Flaach gegründet wurde. Bis zum Abschluss der Arbeiten im Jahr 1956 wurde das Grundeigentum zusammengelegt und arrondiert, das Wegnetz neu erstellt sowie die bestehenden Drainagegebiete ergänzt und erweitert.

Gemeinde Flaach

Die Gemeinde Flaach mit 1360 Einwohnerinnen und Einwohnern hat eine Fläche von 1020 Hektar, davon sind 600 Hektar landwirtschaftlich nutzbare Fläche, 345 Hektar Wald, 61 Hektar Siedlungsgebiet und 14 Hektar Gewässer, Verkehrsfläche sowie unproduktiv. Im eigentlichen Meliorationsperimeter mit rund 395 Hektar sind noch zehn Vollerwerbs- und vier Nebenerwerbsbetriebe angesiedelt. Zusätzlich werden Grundstücke von Landwirten bewirtschaftet, welche schwerpunktmässig ausserhalb des Beizugsgebietes tätig sind. Und noch ein interessantes Detail: Im Flaacherfeld werden 10 % der Schweizer Spargeln produziert.

Vorprojekt und Genossenschaftsgründung

2007 wurden erneut Gespräche über eine Erneuerungsmelioration aufgenommen. Durch die Einführung des 40-Tonnen-Limits bei Lastwagen und die stete Erhöhung der Fahrzeuggewichte in der Landwirtschaft genügte die Tragfähigkeit des alten Wegnetzes den neuen Anforderungen nicht mehr. Ein grosser Teil der Strassen wies bereits erhebliche Schäden auf. In den tiefliegenden Gebieten stellten sich bei grosser Nässe Schäden an den Kulturen ein, und erste Untersuchungen am Entwässerungsnetz und am Pumpwerk bestätigten den dringenden Erneuerungsbedarf. Mit der übrigen Entwicklung einhergehend wurden weitere Ansprüche an den ländlichen Raum, resultierend aus Freizeit- und Sportaktivitäten, sowie ökologische und planerische Anliegen gestellt, welche im Zusammenhang mit einer Erneuerungsmelioration ebenfalls zu berücksichtigen waren. Anlässlich der Eigentümerversammlung vom 7. Mai 2008 wurde der Gesamtmelioration als partizipatives Verfahren mit grossem Mehr zugestimmt.

Güterzusammenlegung

Aufgrund der in der Melioration von 1942 bereits erfolgten Arrondierung des Grundeigentums waren ursprünglich nur kleinere Änderungen an den Zuteilungen geplant. Die Neuanlage des Wegnetzes, die veränderten Zuteilungswünsche der Grundeigentümer und -eigentümerinnen, die Auflagen des Naturschutzes zur Ausscheidung von Schutzverordnungs- und Vertragsflächen sowie die Pachtlandarrondierung für das Eigentum der öffentlichen Hand haben dann aber trotzdem zu einer kompletten Neuordnung des Grundeigentums geführt. Die Güterzusammenlegung erfolgte im kombinierten Verfahren mit der amtlichen Vermessung durch Übernahme des neuen Besitzstandes in den Layer Liegenschaften des Grundbuchplans. Strassen und Wege wurden entsprechend den Weisungen der kantonalen Vermessungsaufsicht nicht mehr vermarkt.
 

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Strassen- und Wegebau

Basierend auf dem genehmigten generellen Projekt hat der Genossenschaftsvorstand in mehreren Schritten das ursprüngliche Wegnetz überarbeitet und folgenden angemeldeten Bedürfnissen angepasst:

  • Anschluss aller Siedlungen im Flaacherfeld an eine 40-Tonnen-Belagsstrasse

  • Anschluss der «Haupterschliessung» im Westen (Ziegelhütte, zugleich Zufahrt zum Campingplatz) und im Osten (Ellikerstrasse) an das übergeordnete Strassennetz

  • Entlastung des Dorfzentrums vom landwirtschaftlichen Verkehr und vom übrigen Schwerverkehr zu den Siedlungen

  • Entflechtung des Langsamverkehrs (Velofahrer, Fussgänger) vom übrigen Verkehr inclusive Schwerverkehr

Der Vorstand hat die Bauarbeiten auf fünf Baulose aufgeteilt. Von September 2014 bis Mai 2017 wurden insgesamt 4300 Laufmeter Belagsstrassen neu erstellt, 5850 Meter Belagsstrassen saniert, 4300 Meter Kieswege neu erstellt, 10 200 Meter Kieswege saniert, 6900 Meter alte Güterwege rekultiviert und 1800 Meter Strassenentwässerungen verlegt bzw. Geröllpackungen eingebaut. Als Folge von sehr schlechtem und wenig tragfähigem Untergrund musste der Oberbau der 40-Tonnen-Strassen örtlich mit Bollensteinen, Geotextil und grösserem Kieskoffer verstärkt werden. Zwei Brücken an der Zufahrtsstrasse zum Campingplatz waren in einem so schlechten Zustand, dass sie komplett durch einen Neubau ersetzt werden mussten. Eine dritte Brücke über den Rheingraben genügte den statischen Anforderungen, sodass eine Betonsanierung zur Nutzungsverlängerung durchgeführt werden konnte.
 

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Verstärkung des Oberbaus mit Bollensteinen und Geotextil

Entwässerung und Bodenverbesserungsmassnahmen

In einer ersten Etappe wurden vom April bis Dezember 2013 das stark schadhafte Hauptleitungsnetz sowie das Entwässerungspumpwerk aus der Melioration aus den 1940er-Jahren komplett ersetzt. Die Bauausführung gestaltete sich ausserordentlich schwierig und die problematischen Baugrundverhältnisse mit Schliesand in Verbindung mit dem hohen Grundwasserstand sorgten für manche Überraschung. In der ersten Etappe wurden total 2,4 Kilometer Hauptleitungen sowie 0,95 Kilometer Saugerleitungen neu verlegt. In einer zweiten Etappe sollen im laufenden Jahr noch lokale Vernässungen mit 4 Kilometer zusätzlichen Saugerleitungen eliminiert werden

Aus den verschiedenen Etappen des Thurauenprojektes fiel sandiges Thursediment sowie Oberbodenmaterial mit einem idealen Tonanteil an, welches dank unmittelbarer Nähe und optimaler zeitlicher Koordination für Bodenverbesserungsmassnahmen im Flaacherfeld genutzt werden konnte. Durch Beimischen von sandigem Material wurden die Böden durchlässiger gemacht und durch das Aufschütten und Anheben des Terrains wurde der Abstand zum meist sehr hoch liegenden Grundwasser erhöht.
 

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Neue Hauptleitung zum Entwässerungspumpwerk in 4 m Tiefe

Bewässerung

Mit dem Thurauenprojekt entfielen für einige Landwirte die bisherigen Wasserbezugsorte an der Thur. Als Ersatz wurde deshalb der Bau einer gemeinsamen Anlage in das Meliorationsprojekt aufgenommen. Zwischenzeitlich wurde sogar eine umfassende Bewässerungsanlage für das gesamte Flaacherfeld diskutiert, anlässlich einer Genossenschaftsversammlung aber – vorwiegend aus Kostengründen – verworfen. Realisiert wurde 2017 schliesslich die ursprünglich vorgesehene Variante für zwölf Grundeigentümer im nördlichen Teil des Flaacherfeldes. Die Anlage besteht aus einem neuen Rheinwasserpumpwerk mit zwei Pumpen mit einer Förderleistung von 1650 l/Min. (die Konzessionsmenge beträgt 3300 l/Min.) und 4,3 Kilometern neu erstellten Verteilleitungen mit Anschlüssen an die bereits bestehenden Netze. Mit der neuen Anlage können 70 Hektar bewässert werden.
 

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Bau der Versorgungsleitung

Vorläufiges Fazit

Das partizipative Meliorationsverfahren hat sich bewährt. Die komplexe Koordination aller Ansprüche und die Realisierung aller Bedürfnisse in relativ kurzer Zeit mit teilweise interdisziplinärer Zusammenarbeit wäre ohne entsprechendes Verfahren nicht möglich gewesen. Es verbleibt die Organisation und Sicherstellung eines wirksamen Unterhaltes der Anlagen. 

Reto Theiler, Ingesa AG, 8472 Seuzach, reto.theiler@ingesa.ch

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